Inzwischen sind wir die „Wer will, kann kommen“ Ansagen aus dem Ministerium ja schon gewohnt, das Virus – haben wir gelernt – verbreitet sich exponentiell, kann aber zum Glück sinnerfassend lesen. Deshalb können auch weiterhin alle Kinder und Jugendlichen der höchsten Inzidenzengruppe auf engstem Raum ohne ausreichende Sicherheitsmaßnahmen zusammengepfercht werden. Denn wenn an einem Gebäude das Wort „Schule“ steht, dann weiß das gefährliche Virus, dass es da nicht hinein darf. Und es hält sich auch dran – in Ausnahmefällen zumindest ….
Es ist doch immer wieder schön zu hören, dass der hohen Politik auch das Wohl der nächsten und übernächsten Generation am Herzen liegt! Seit 1,5 Jahren weisen Experten jetzt ja auch darauf hin, dass Schulen nicht nur Bildung, sondern auch – oder vor allem – soziale Fähigkeiten und soziale Beziehungen vermittelt. Dies wiederum ist vor allem für Kinder und Jugendliche extrem wichtig, damit sie ohne größere psychische Schäden ins Erwachsenenalter eintreten können. Schön, dass das endlich öffentlich anerkannt, gelobt und eingefordert wird.
Die Erwachsenen sind sich auch seit 1,5 Jahren quer durch alle politischen Lager einig, dass es deshalb für Kinder und Jugendliche psychisch sehr belastend sein kann, wenn Schulen geschlossen werden müssen. Schön, dass sich auch alle einig sind, dass Schulen aus diesem Grund unter allen Umständen offen gehalten werden müssen! Diese prominente wohlwollende systemerhaltende Rolle sind wir Lehrpersonen gar nicht gewohnt! Schön, schön und nochmals schön!
Nun aber zurück in die ungeschönte Realität! Seien wir ehrlich! Um das Wohl der Kinder und Jugendlichen (geschweige denn dem der Lehrpersonen) ist es in der ganzen Zeit der Pandemie noch nie gegangen! Das sind doch nur politische Worthülsen, die gut klingen, bei näherer Betrachtung jedoch blitzschnell nichts außer einem schalen Geschmack im Mund zurück lassen!
Wo sind denn bitte die Hilfspakete für die Schulen geblieben? Die bekommen sämtliche Wirtschaftszweige schon bei der Erwähnung des Wortes „Covid“ versprochen, für Schulen gibt es die aber nicht!
Wo sind die wirklichen Sicherheitsvorkehrungen geblieben, damit Schulstandorte auch in beengten Raumsituationen gefahrlos offen bleiben können?
Wo sind die Hilfspakete für die psychisch sehr belasteten Schüler:innen geblieben? Hat irgendein:e Politiker:in jemals einen Versuch gestartet, die Kinder und Jugendlichen zu entlasten? Wurde irgendwann von Seiten der Zuständigen daran gedacht, dass Pandemie, Lockdowns, gefährdete Großeltern, Zusammenleben auf engstem Raum, Existenzängste der Eltern, Ängste um die eigene Zukunft, verminderte bis gar keine Treffen mit der Peer Group,…. vielleicht auch Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Schüler:innen Einfluss hat?
Wann wird die/der erste Politiker:in Verantwortung übernehmen und endlich den Leistungsdruck von ihnen nehmen? Wann werden die verantwortlichen Politiker:innen erkennen, dass es in der jetzigen Situation höchste Eisenbahn wäre, sich des psychischen Wohls der Kinder und Jugendlichen wirklich anzunehmen? Zum Beispiel mit der Einsicht, dass auch in Schulen derzeit nicht so getan werden kann, als wäre alles wie immer, als wäre nichts passiert seit Februar 2020.
Wann, wenn nicht jetzt, mitten in der vierten Welle, wäre ein geeigneter Zeitpunkt den Kindern und Jugendlichen Verständnis und Rücksichtnahme zukommen zu lassen? Den Generationen, die sich 2020 bereitwilligst zum Schutz ihrer Eltern und Großeltern in Isolation begaben, seither vergeblich auf Rücksichtnahme warten und in deren psychischer Gesundheit – ob wir Erwachsenen das sehen wollen oder nicht – das Wohl unserer gesellschaftlichen Zukunft liegt!
Die Schüler:innen brauchen jetzt ein Stopp! Zeit zum Innehalten, Zeit zum Nachholen, Vertiefen und Üben des Lehrstoffes der vergangenen 18 Monate, Zeit um ihre sozialen Kontakte zu pflegen, Zeit sich ihren psychischen Belastungen zu stellen und sie im besten Fall aufzuarbeiten. Während des Schuljahres – nicht zusätzlich in unausgegorenen Summerschool Experimenten!
Claudia Astner, Renate Brunnbauer, Bernd Kniefacz, Barbara Gessmann-Wetzinger, Peter Novak, Eva Neureiter, Sylvia Ochmann, Pia Kopriva, , Andreas Chvatal, Claudia Müller, Magdalena Vergeiner, Georg Gutternig, Andrea Schweitzer, Kerstin Matitz (Allgemeine Pflichtschulen)
Hannes Grünbichler (Berufsbildende mittlere und höhere Schulen)
Sabine Helmberger, Thomas Reifmüller, (Allgemein bildende höhere Schulen)
Franz Bickel, Vorstandsmitglied der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft