Schulschließungen in Oberösterreich: Presseecho

Standard, 2.7: Bildungsminister Faßmann kritisiert Schulschließungen in Oberösterreich

 

Ressortchef Heinz Faßmann (ÖVP) erklärt im Gespräch mit dem STANDARD: "Das sollte kein Role-Model sein für den Herbst." Der Minister ist der Ansicht, dass die Schulen hier "quasi zu Sündenböcken" gemacht werden, obwohl sie nicht ursächlich für die Verbreitung des Virus verantwortlich seien. Österreichweit seien seit der Schulöffnung im Mai nur 80 Corona-Fälle in den Reihen der Schülerinnen und Schüler bestätigt worden, weitere 15 Fälle haben Lehrkräfte betroffen – bei insgesamt rund 400.000 Pädagoginnen und Pädagogen. Am Donnerstagabend sagte Faßmann dann in der ZiB 2, der Normalbetrieb im September sei "unser Planungsziel". Künftig sei es vorzuziehen, dass nur einzelne Klassen oder Schulen geschlossen werden.

 

Markus Rohrhofer, Meinung im Standard, 2.7.:

 

Doch in den Jubel unter den Schülern und Kindergartenkindern über den verfrühten Ferienbeginn mischte sich auch entsprechend viel Kritik. Alle Schulen und Kindergärten in sechs Bezirken wegen 42 Neuinfektionen für eine Woche dichtzumachen sei doch völlig übertrieben. Panikmache als Politikstil, der Landeshauptmann als Landesmimose. Dazu mengte sich noch das laute Stöhnen der vielen schwer Homeschooling-traumatisierten Eltern, bei denen allein der Gedanke an eine neuerliche Lernwoche mit dem Nachwuchs wohl völlig natürlich Fluchtreflexe auslöste.

 

Das Chaos an den Schulen, den Kindergärten, die Überforderung auf Eltern- und Pädagogenseite: All das kann man verstehen, muss man aber als führender Politiker eines Landes nicht als Entscheidungsgrundlage hernehmen. Wenn im oberösterreichischen Zentralraum die Corona-Infektionen drastisch nach oben schießen, gilt es die Notbremse zu ziehen. Rechtzeitig. Und das Instrument der Notbremse hat es so an sich, dass die Anwendung abrupt geschieht und ein Stillstand das gewollte Ziel ist. Da können noch am Morgen daheim die Jausenbrote für den Schultag geschmiert werden – um dann erzwungenermaßen daheim verzehrt werden zu müssen.

 

meinbezirk.at, 3.7.:

Schließungen „nicht nachvollziehbar“

 

Auch für die Kinderfreunde OÖ sind die vorzeitige Schließung, insbesondere der Schulen, in den genannten Bezirken „nicht nachvollziehbar“. „Die Schüler haben es sich verdient, sich von den Freunden und auch von dem Lehrpersonal ordentlich zu verabschieden. Und nicht eine Woche vor dem offiziellen Ferienbeginn, wieder durcheinander gewirbelt zu werden“, sagt Kinderfreunde OÖ Vorsitzenden Roland Schwandner. Er vermisst eine schlüssige Erklärung für die gesetzte Maßnahme – so wie auch viele Eltern. Denn Während in den betroffenen Bezirken großflächig alle Schulen geschlossen sind – auch ohne Infektionsfälle – bleiben in anderen Bezirken Schulen geöffnet, die akute Fälle melden.

 

Kurier.at, 2.7.

Zweifel an Schulschließungen

 

Für die Neos ist die Schulschließung für 85.000 Kinder in den betroffenen fünf Bezirken deshalb überzogen: "Wir wissen, dass Kinder nicht die Hauptüberträger dieser Krankheit sind", sagte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Denn obwohl Gottesdienste, Chorproben und Bars als "Superspreader-Events" bekannt seien, habe Oberösterreich die Schulen geschlossen, für Indoor-Veranstaltungen die Absage aber nur empfohlen. "Ich finde es inakzeptabel, wie diskussions- und kritiklos Kinderbetreuung und Bildung ins Private verschoben werden. Ohne Evidenz, ohne Grund und mit der vollen Belastung der Frauen", kritisierte Meinl-Reisinger.

 

Christian Nusser, Chefredakteur HEUTE, in den Kopfnüssen vom 6. Juli:

 

Faßmann trat in der ZiB2 am Donnerstag auf, er war aus dem Stadtstudio zugeschaltet, ich sah seinem Gesicht an, dass ihm eine Laus über die Leber gelaufen war, oder ein Kurz über die Nieren oder ein Anschober über die Milz, da hatte er noch keinen Ton gesagt. Er halte so große Schulschließungen für „nicht opportun“, sagte er mit der Zurückhaltung eines Vatikan-Botschafters, er wolle „im Herbst differenzierter vorgehen“. Ja, der Herbst, so weit weg, so nah.

 

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer gab an, sein Vorhaben ohnehin mit Sebastian Kurz besprochen zu haben. „Ich bin in engem Kontakt und Austausch mit dem Bundeskanzler und dem Gesundheitsminister, mit denen ich auch alle Maßnahmen abstimme. Ich gehe davon aus, dass die Abstimmung zwischen den Ministerien in Wien weiterhin reibungslos funktioniert,“ sagte er. Heißt dreierlei: Ich bin nicht schuld. Ich habe ohnehin mit dem Chef telefoniert, was brauche ich da noch den Abteilungsleiter? Und: Haben die Minister gar untereinander ein Kommunikations-Chaos? Oje!

 

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Türkis oder Schwarz, hörte die Botschaft, aber sie ist wohl mehr "Team Stelzer", ebenfalls Türkis oder Schwarz, als "Team Faßmann", ebenfalls Türkis oder Schwarz. „Bei großflächigen Schließungen“, sagte sie dem „Standard“, „halte ich es für zielführend, ganz kurz ans Telefon zu gehen und das zu besprechen.“ Dieses „ganz kurz ans Telefon zu gehen“, ist das neue „den Minister über eine Entscheidung unterrichten“.

 

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